Risikobeurteilung

Was ist eine Risikobeurteilung?

Die Risikobeurteilung ist u.a. in der Maschinenrichtlinie / Maschinenverordnung als ein integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses festgelegt. Oberstes Ziel ist die Sicherheit der Maschine in Bezug auf Menschen, sodass die Gefährdung von Menschen minimiert wird. Hierzu müssen zuerst die potentiellen Gefahren identifiziert werden und dann bei der Konstruktion Maßnahmen ergriffen werden, die diese Gefahren beseitigen oder, wenn dies nicht möglich ist, minimieren. Falls sich Gefahren nicht vollständig beseitigen lassen, müssen diese benannt werden und in der Bedienungsanleitung entsprechende Hinweise eingebracht werden. Die Grundsätze, die bei der Risikobeurteilung anzuwenden sind, werden in der DIN EN ISO 12100:2010 näher spezifiziert.

Begriffe

Im Zusammenhang der Risikobeurteilung kommt es in der Praxis häufig zur missverständlichen und widersprüchlichen Verwendung unterschiedlicher Begriffe für die selbe Tätigkeit. Um diesem Durcheinander entgegenzuwirken definiert die Norm DIN EN ISO 12100 die folgenden Begriffe und grenzt sie so voneinander ab:

Risikoeinschätzung

Bestimmung des wahrscheinlichen Ausmaßes eines Schadens und der Wahrscheinlichkeit seines Eintritts

Risikoanalyse

Kombination aus Festlegung der Grenzen der Maschine, Identifizierung der Gefährdungen und Risikoeinschätzung

Risikobewertung

auf der Risikoanalyse beruhende Beurteilung, ob die Ziele zur Risikominimierung erreicht wurden

Risikobeurteilung

Gesamtheit des Verfahrens, das eine Risikoanalyse und eine Risikobewertung umfasst

Gefahrenanalyse oder Risikobeurteilung

Die alte Maschinenrichtlinie 98/37/EG von 1998 forderte vom Hersteller einer Maschine eine Gefahrenanalyse, seit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist an dieser Stelle von Risikobeurteilung die Rede.

Die Norm EN 12100 definiert den Begriff Risikobeurteilung folgendermaßen: Gesamtheit des Verfahrens, das eine Risikoanalyse und Risikobewertung umfasst. Der Begriff Gefahrenanalyse ist in der EN 12100 dagegen nicht definiert.

Es handelt sich nur um die Änderung eines Wortes in der Maschinenrichtlinie, nicht um eine substanzielle Änderung.

Vorgehen bei der Risikobeurteilung

SchrittBeschreibungAufwand
1 Grenzen der Maschine festlegen Schrittweise vorgehen:
  • Kurze Funktionsbeschreibung
  • Bestimmungsgemäße Verwendung
  • Vorhersehbarer Fehlgebrauch
  • Räumliche Grenzen
  • Arbeitsplätze
  • Schnittstellen (elektrisch, mechanisch, Mensch-Maschine, etc.)
  • Zeitliche Grenzen
2 Gefährdungen und Gefährdungssituationen ermitteln z. B. entsprechend der DIN EN ISO 12100 Alle Lebensphasen betrachten:
  • Welche Tätigkeiten müssen durchgeführt werden und welche Gefahren treten dabei auf?
  • Qualifikation der beteiligten Personen in den unterschiedlichen Lebensphasen bestimmen
3 Risiko einschätzen Mögliche Risiken einer Maschine/Konstruktion werden lokalisiert
4 Risiko bewerten Lokalisierte Risiken werden anhand der FMEA-Methode nach Gefahrenpotenzial und Eintrittswahrscheinlichkeit klassifiziert
5 Lösungen auswählen und dokumentieren Dokumentation der Restgefahren:
  • Wo treten diese auf?
  • Bei welchen Tätigkeiten treten diese auf?
  • Welche Maßnahmen muss der Benutzer ergreifen, um der Gefahr zu entgehen?
  • Dokumentation der benötigten Persönlichen Schutzausrüstung

Zusammenspiel von Risikobeurteilung und Betriebsanleitung

Die Risikobeurteilung ist zwingende Voraussetzung für eine Bedienungsanleitung, die den Anforderungen der Maschinenrichtlinie entspricht. In der Bedie-nungsanleitung werden viele Themen aufgegriffen, die in der Risikobeurteilung bereits dokumentiert sein müssen:

  • Funktionsbeschreibung der Maschine
  • Grenzen der Maschine
  • Dokumentation aller Sicherheitseinrichtungen
  • Notwendige Sicherheits-und Gefahrenhinweise
  • Durchzuführende Arbeiten in den verschiedenen Lebenszyklen

Die Erstellung der Risikobeurteilung und der Dokumentation aus einer Hand hat damit den Vorteil, dass viele Informationen nicht doppelt beschafft und hinterfragt werden müssen, sondern die Maschine nach der Risikobeurteilung dem Redakteur schon bekannt ist. Dies führt in vielen Firmen dazu, dass die Verantwortung für die Risikobeurteilung im Bereich der Technischen Dokumentation liegt. Selbstverständlich ist dabei aber, dass dies nicht ohne Mitarbeit der Konstruktion funktioniert.

Normen zur Risikobeurteilung

Harmonisierte Normen zur Maschinenrichtlinie mit Inhalten zur Risikobeurteilung:

  • EN ISO 12100:2010 Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung
  • EN ISO 13849-2:2008 Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen – Teil 2: Validierung
  • EN 60204-1:2006 Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen