Von der Schreibmaschine zum Redaktionssystem – Wie es begann

Technische Dokumentation gibt es schon sehr lange. Bis in die 80er-Jahre wurde mit Schreibmaschine, Papier, Schere und Klebstoff gearbeitet. Die Texte wurden mit der Schreibmaschine geschrieben, die Grafiken wurden geplottet, anschließend ausgeschnitten und auf die Schreibmaschinenseite aufgeklebt. Änderte sich am Inhalt etwas, begann die ganze Prozedur von vorn.

Mit Aufkommen der Textverarbeitung wurde die Schreibmaschine durch PC und Drucker ersetzt, sonst blieb aber alles gleich. Die erste gravierende Änderung kam mit den sogenannten Desktop-Publishing Systemen, bei denen die Kombination von Text und Grafik möglich war. Eines der ersten Systeme war 1985 der von Aldus entwickelte PageMaker für den Apple Macintosh, der später von Adobe übernommen wurde. Der PageMaker orientierte sich an einem Schneidetisch, an dem Texte und Bilder auf einem Bogen montiert wurden und dann gedruckt werden konnte. Im PageMaker wurden Rahmen festgelegt, in die Texte oder Grafiken platziert und gestaltet werden konnten. Auf dem PC kam 1986 das Programm Xerox Ventura Publisher auf den Markt, der das Adobe Produkt als Marktführer zeitweise sogar überholte. Der Ventura Publisher wurde später von Corel übernommen. Beide Programme sind heute nicht mehr existent.

Eine Besonderheit beim Ventura Publisher war, dass ein Dokument modular aufgebaut war. Es bestand aus Formatvorlagen, Texten und Grafiken – alles fein säuberlich getrennt, zusammengefasst in Kapiteln. Mehrere Kapitel wurden dann zu einer Publikation zusammengefasst, die wiederum nur auf die Kapitel verwiesen hat. Der Vorteil dieser Vorgehensweise war, dass Kapitel in unterschiedlichen Publikationen wiederverwendet werden konnten und dass Änderungen, die am Text eines Kapitels vorgenommen wurden, sofort in allen Publikationen geändert waren. Modularisieren und Wiederverwendung war also schon damals möglich.

Ein weiteres, sehr frühes System (1981) war Interleaf von der gleichnamigen Firma. Es war viele Jahre nicht auf dem PC verfügbar, sondern nur auf sogenannten Workstations (Sun Solaris, Digital VAX VMS, Unix). Entsprechend waren die Preise. Der erste Interleaf Arbeitsplatz, an dem ich gearbeitet habe, hatte ca. 120 000,- DM gekostet. Eine Besonderheit von Interleaf war, dass es seine eigene grafische Benutzeroberfläche mitbrachte. Über die grafische Benutzeroberfläche konnten Dateien grafisch in Ordnern (als Schränke und Schubladen dargestellt) angeordnet und sortiert werden, Eigenschaften konnten über diese Ordner zugewiesen werden (z. B. Gestaltungseigenschaften) und Objekte in verschiedene Ordner verlinkt werden. Zusätzlich gab es Bücher, in denen die Objekte (Grafiken, textliche Inhalte, fertig komponierte Inhalte aus Text und Grafik) zu komplexen Dokumenten zusammengestellt werden konnten. In Interleaf integriert war ein leistungsfähiger Vektor-Editor, ein Fotoeditor (Pixeleditor) und natürlich ein Texteditor. Interleaf war recht erfolgreich in der Luftfahrtindustrie, da seine Fähigkeiten allen anderen Programmen dieser Zeit deutlich voraus waren. Interleaf hat später den Wechsel zum PC versäumt und ist damit in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Interleaf gibt es noch heute unter dem neuen Namen Quicksilver von der Firma Aurea, Inc.

Etwas später (1987) kam das Produkt FrameMaker von Frame Technologie auf den Markt, der wiederum eher dem Ventura Publisher glich als dem PageMaker. Auch der FrameMaker wurde von Adobe übernommen und ist bis heute eines der am meisten genutzten Tools in der Technischen Dokumentation – nach MS Word – und besticht durch seine XML-Fähigkeiten. Im Laufe der Zeit wurden die Textverarbeitungssysteme, wie Word und Co. immer leistungsfähiger und haben die einfachen DTP Systeme im industriellen Alltag häufig verdrängt. DTP wurde zur Domäne der Marketingabteilungen. Der unangefochtene Marktführer in diesem Bereich ist Adobe InDesign, mit dem Broschüren, Zeitschriften, Werbeflyer, Anzeigen etc. entworfen und gestaltet werden.

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